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Mittwoch, 4. Oktober 2006
Stuhltanz
Es ist schon seltsam, was die Gefühle mit einem treiben. Ich sitze grad so richtig zwischen den Stühlen. Habe den Stuhltanz verloren - oder vielleicht grad nicht, und nen weichen Platz auf dem Rasen erwischt...

Auf der einen Seite könnt ich manchmal sofort alles hinschmeissen und ohne nachzudenken nach Leipzig fahren und alles andere hinter mir lassen, egal welche Folgen mich erwarten. Ich hab dann das Gefühl, dass nichts hier oben in meinem Alltagsleben genug Halt bieten würde, um gegen die Sehnsucht nach meiner Leipzigerin anzukommen und doch erstmal alles mit Bedacht zu machen. Andererseits gibt es Momente, in denen ich mich über grad dieses zweigeteilte Leben freue, die Freiheit, sie überall und jederzeit am Telefon haben zu können. Nicht dieses Gefühl, jemanden allein lassen zu müssen, um eine Geschäftsreise anzutreten, das man hat, wenn man zusammen lebt. Dafür die Möglichkeit, vielleicht sogar noch einen Kundenbesuch im Süden Deutschlands mit einem Wochenende in Leipzig verbinden zu können.

Ich weiß manchmal nicht, ob das nun schön ist oder ich mir Sorgen machen muss, zu sehr zwischen den Stühlen zu wechseln. Vielleicht muss ich mir auch nur das beste aus beidem herauspicken. Das süsse, etwas zitronig durchsetzte Gefühl, von jemandem vermisst zu werden und sich auf das Wiedersehen zu freuen und das Wissen, sich frei zu fühlen und seine Liebste trotzdem gedanklich und auch zumindest akustisch nie weit weg zu haben...

 
cabman (Mittwoch, 4. Oktober 2006, 22:19  link)
Das kann ich dir gut nachfühlen. Viel zu oft ging es mir ähnlich. In einer Sekunde der Skepsis habe ich dann der DieP gesagt, es ginge nicht mit uns. Nun denke ich oft an sie, vermisse unsere Telefonate und doch, wenn diese Minuten des Schmerzes vorbei sind, bin ich froh, mich für mich entschieden zu haben und dann wieder nicht.
Es fühlte sich nicht richtig an; nicht da zu sein, keinen gemeinsamen Alltag zu haben. Daher halte ich mich bis auf weiteres an mir fest und ziehe weiter leise durchs Leben. Traurig aber wahr und ich traf und treffe viele Menschen, männnlich, weiblich, die sich zu gelegentlichem Kuscheln treffen nur eine Beziehung wird es nie, denn da ist Zeit, die nicht da ist, da ist der Stress, der nie vergeht und den (zuminest ich) auch ein bisschen brauche. Dilemma der Zeit? Oder falsche Prioritäten?
 
beetfreeq (Mittwoch, 4. Oktober 2006, 22:38  link)
ganz so schlimm ist es bei mir nicht - je nachdem, wie man's sieht. Ich bin schon ein zeimlicher Beziehungsmensch und lebe das auch gern und so gut es geht. Aber andererseits sorgt die Entfernung und auch die Arbeit mit ihren Kundenbesuchen doch für längere Trennungsphasen, die durch Telefon nur ein wenig versüsst werden können. Zu Instant-Kuscheln bin ich eher nicht fähig. Da gehe ich lieber den Drahtseilakt der Fernbeziehung, auch wenn sicher nicht einfacher ist, als sich an sich selbst festzuhalten...

Falsche Prioritäten kann man nicht wirklich haben, denke ich. Man handelt ja doch irgendwie nach seinem Willen. Prioritäten verschieben sich von allein, kein Mensch bleibt ewig gleich. Man muss nur seinen Prioritäten wirklich nachgehen, um sein Leben zu leben. Und ich denke, irgendwann wird man auch seine Zweisamkeit damit gefunden haben!

 
schluesselkind (Mittwoch, 4. Oktober 2006, 23:17  link)
Es ist eine Frage der Zeit. Ich kenne diese Wochenendbeziehungen auch aus eigener Anschauung. Eine Zeitlang geht es gut, man hat dieses prickelnde "best of both-worlds"-Gefühl. Aber irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem man sich entscheiden muss. Da gebe ich dem Cabman recht, man braucht auch einen gemeinsamen Alltag, der ja auch gerade schön ist, sonst lebt man sich auseinander, man hat keinen gemeinsamen Freundeskreis, das gemeinsame Erleben ist zu gering, die Gesprächsthemen bröckeln weg.

 
beetfreeq (Mittwoch, 4. Oktober 2006, 23:36  link)
Ja, da hast du recht. Den Punkt wird es geben, da sind wir uns auch sicher. Aber den wollen wir langsam und mit bedacht angehen. Ohne den gemeinsamen Alltag geht da auf Dauer wirklich garnichts, allein, um sich in seiner Beziehung auf Dauer auch sicher zu fühlen und zu wissen, dass man zueinander gehört. Alltag kann das schönste an einer Beziehung überhaupt sein, wenn man einfach zu der/dem Partner/in gehört und sein Leben teilt. Eine kleine Prise davon haben wir ja zum Glück in den vier Wochen gewonnen, die ich grad erst bei ihr war. Da bin ich aber auch sehr froh, daß es "nur" 500 km sind. Auch wenn die Möglichkeiten die Wochenenden auf einen Alltag auszudehnen in naher Zukunft doch eher sparsam sind.

 
c17h19no3 (Donnerstag, 5. Oktober 2006, 01:02  link)
die wahre liebe ist immer die verzehrende! genieße es. versuch es zumindest. ;)

 
beetfreeq (Donnerstag, 5. Oktober 2006, 20:54  link)
Das Geniessen fällt garnicht so schwer - schon garnicht, wenn ich mit ihr zusammen bin. Ich kann mich auch glücklich schätzen, nicht zu sehr zum Klammern zu neigen. Hab schon von mehreren Leuten gehört, dass sie so eine Fernbeziehung nicht aushalten würden...

 
bluetenstaub (Freitag, 6. Oktober 2006, 20:00  link)
Ich habe von 10km bis 400 km Distanz auch schon alles durch. Mit dem selben Mann und über mehrere Jahre.

Zu Beginn fanden wir die weiteren Entfernungen gar nicht schlimm, da wir beide gerne viel Freiraum haben und dieses eheähnliche Zusammenleben nicht zwingend brauchen.

Aber inzwischen sehe ich das etwas kritischer. Eine Distanzbeziehung sollte immer nur eine Übergangslösung sein - denke ich heute. Sonst ist die Gefahr des Auseinanderlebens einfach riesig. Kein gemeinsamer Alltag, kaum gemeinsame Erlebnisse, beide stressige Jobs, etc. Trotz aller guten Vorsätze schaffen wir es nicht mal, uns alle 14 Tage zu sehen. Und wir wohnen zur Zeit nicht weit auseinander.

Aber an diesem unbefriedigenden Zustand etwas zu ändern, ist alles andere als einfach. Immerhin sind wir beide berufstätig und haben nicht vor, dies aufzugeben. Und die Chance, dass wir beide in der selben Stadt einen Job finden, der uns gefällt, liegt bei null.

(Und ja: Eine mies bezahlte Teilzeitstelle könnte ich vielleicht nach langer Suche in seiner Stadt finden. Aber das kommt für mich überhaupt nicht in Frage, weil ich mich damit finanziell von ihm abhängig machen würde, und ich mit einer solchen Lösung alles andere als zufrieden und glücklich wäre. Also bleibt alles beim alten, und nächstes Jahr, nach meinem Umzug, werden es wieder mehr Kilometer zwischen uns. ;))

 
beetfreeq (Freitag, 6. Oktober 2006, 21:47  link)
Hmm, na der Teil mit den "mehreren Jahren" macht ja Mut, dass so etwas längerfristig funktionieren kann. Wenn beide es wirklich wollen, dann lässt sich so eine unüberschaubare Übergangszeit ja sehr lang aushalten, aber für eine zu lange Zeit bin ich dann doch wieder zu Nähebedürftig.

Das Problem der Jobs würde sich bei uns wahrscheinlich ganz ähnlich stellen. Aber momentan ist das ja auch noch alles nicht endgültig, wo sie ja immerhin noch studiert...

 
bluetenstaub (Samstag, 7. Oktober 2006, 13:09  link)
Ich will Ihnen den Mut nicht wieder nehmen, aber es funktioniert bei uns zweitweise mehr schlecht als recht. Die ersten zwei Jahre waren okay, aber irgendwann ist man die Entfernung einfach leid.

Besonders bewusst wird mir dieser Zustand, wenn wir beide zu irgendwelchen Geburtstagen, Hochzeiten oder sonstigen Feiern eingeladen werden, und wir es so gut wie nie gebacken bekommen, dort auch zu zweit aufzutauchen. Ich reagiere eigentlich nur noch gereizt auf die Frage, wo ich denn schon wieder meinen Mann gelassen habe, und bezeichne mich inzwischen gerne als "Alltags-Single". Bin ich ja auch.

Deshalb wünsche ich Ihnen, dass die Entfernung nicht mehrere Jahre andauern wird, sondern Sie sich irgendwann erfolgreich annähern. ;)

Wobei ich mir nicht sicher bin, ob das bei uns ausschließlich auf die Entfernung zurückzuführen ist. Immerhin sind es momentan viel weniger Kilometer zwischen uns. Ich denke, es hat auch viel mit Prioritätensetzung zu tun, ob man sich am Wochenende oder abends Zeit für den anderen nimmt oder nicht. Ich befürchte, wir sind einfach zwei Egos.

 
beetfreeq (Samstag, 7. Oktober 2006, 18:39  link)
Hmm, ja, da könnte es bei uns anders sein. Wir haben schon das Ziel, wenn es länger halten soll, irgendwann näher zusammenzukommen. Und die Zeit, die man zusammen verbringt, gehört dann auch zu 90% uns beiden und nicht jedem allein, was auch daran liegt, daß wir auch größtenteils die selben Interessen haben und diese dann halt gemeinsam geniessen.

Ich wünsche dann auch mal etwas mehr Glück in Zukunft, was die gemeinsame Zeit und Prioritätensetzung angeht!

Hätte übrigens nichts gegen ein Du einzuwenden! Wäre das ok?

 
bluetenstaub (Samstag, 7. Oktober 2006, 19:12  link)
Danke für die Wünsche. Aber ob sich so alte Menschen wie wir noch einmal ändern können, ich weiß nicht.

Gemeinsame Interessen sind immer von Vorteil. Die sind bei uns nicht so stark ausgeprägt. Er ist sehr Computer-Fuzzi, ich sehr Bücher-Tante. Naja, zumindest können wir diesen Tätigkeiten in einem Raum nachgehen, immerhin! Aber miteinander reden ist ganz schlecht. ;)

Alles Gute Euch. Und das "Du" nehme ich gerne an.



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